Wenn sich in den Alpen die letzten Schneefelder zurückziehen und das erste zarte Grün an den Berghängen erwacht, beginnt eine besondere Zeit: der Osterfrühling in den Bergen. Die Natur kehrt zurück, die Sonne gewinnt an Kraft – und mit ihr erwachen alte Traditionen, die in vielen bayerischen und alpinen Dörfern tief verwurzelt sind. Ostern wird hier nicht nur als religiöses Fest begangen, sondern auch als Ausdruck des Neubeginns, der engen Verbundenheit mit der Natur – und oft auch im Kreise der Familie unter freiem Himmel gefeiert.
Palmbuschen binden – ein uralter Brauch
Am Palmsonntag, dem Sonntag vor Ostern, beginnt die Karwoche mit einer farbenfrohen Tradition: dem Palmbuschen binden. Kinder und Erwachsene stellen kunstvolle kleine Sträuße zusammen – meist aus Buchs, Weidenkätzchen, Stechpalme und bunten Bändern. Diese werden bei der Palmprozession durch das Dorf getragen und anschließend geweiht. In vielen Bergregionen binden Familien jedes Jahr ihre eigenen Buschen, oft mit großer Sorgfalt und überlieferten Techniken. Der Brauch symbolisiert den Einzug Jesu in Jerusalem – und zugleich den Abschied vom Winter und den Anfang eines neuen Zyklus.
Wenn die Glocken schweigen: Die Osterratschen
Zwischen Gründonnerstag und der Osternacht verstummen in katholischen Gegenden traditionell die Kirchenglocken – „sie fliegen nach Rom“, wie es heißt. Um die Gebetszeiten trotzdem anzukündigen, ziehen in vielen Orten Kinder mit hölzernen Ratschen und Klappern durch die Gassen. Das laute Rattern dieser Osterratschen hat einen ganz eigenen Klang, der für viele eng mit der Kindheit und dem Landleben verbunden ist. Nicht selten ziehen die Kinder anschließend von Haus zu Haus und sammeln kleine Gaben – ein Brauch, der Gemeinschaft stiftet und alte Rollen weiterträgt.
Emmausgang – Osterspaziergang mit Bedeutung
Der Emmausgang ist ein eher stiller, meditativer Brauch, der meist am Ostermontag gepflegt wird. Inspiriert von der biblischen Geschichte, bei der zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus eine bedeutsame Begegnung haben, ist es vielerorts Tradition, am frühen Morgen zu einer Wanderung aufzubrechen. Dabei geht es nicht nur um Bewegung an der frischen Luft, sondern auch um innere Einkehr, Besinnung und das bewusste Erleben der wiedererwachenden Natur. Viele Menschen verbinden diesen Gang mit einem Besuch bei einer kleinen Kapelle, einer Andacht oder einfach einem ausgiebigen Picknick inmitten der Natur.
Tipps für Frühlingswanderungen zur Osterzeit
Ostern ist die perfekte Gelegenheit, um mit Familie oder Freunden nach draußen zu gehen – sei es zu einem stillen Spaziergang oder einer kleinen Hüttentour mit Aussicht und Einkehr. Hier ein paar besonders schöne Ideen:
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Wallfahrtsweg zur Maria-Hilf-Kapelle bei Bad Hindelang (Allgäu)
Ein aussichtsreicher, einfacher Weg, der sich gut für den Emmausgang eignet – mit Blick ins Ostrachtal und Einkehrmöglichkeit. -
Frühlingswanderung durch das Bluntautal bei Golling (Salzburg)
Kristallklare Bäche, erste Blumen und eine urige Jausenstation – ideal für Familien. -
Rundweg zur Osteralm bei Abtenau (Dachstein West)
Besonders schön zur Krokusblüte – mit einer Einkehr in einer kleinen Almwirtschaft, die traditionell zu Ostern öffnet. -
Der Kofel in Oberammergau (Bayern)
Ein kurzer, aber eindrucksvoller Gipfel mit traumhaftem Blick – und der Möglichkeit, Ostern mit einem Sonnenaufgangserlebnis zu verbinden.
Fazit:
Ostern in den Bergen ist mehr als ein langes Wochenende – es ist eine Einladung, innezuhalten, sich zu erinnern, mit anderen zu teilen und die Natur als das zu erleben, was sie ist: ein Geschenk. Zwischen altem Brauchtum und neuem Leben, Gipfeln und grünen Tälern wird Ostern zu einem besonderen Fest – und zu einer Zeit, in der Tradition und Outdoor-Erlebnis auf wunderschöne Weise verschmelzen.